Einheitliche Codierungen für Schäden an Eisenbahnfahrzeugen - unabhängig vom Hersteller. Ein Meilenstein für den europäischen Schienengüterverkehr
Auf der Siegburger Fachtagung „Lokomotiven-Instandhaltung“ am 13. November 2024 stellte Dr. Axel Marquardt von der Captrain Deutschland GmbH einen wegweisenden Ansatz für eine europaweit einheitliche Codierung von Schäden an Lokomotiven und weiteren Eisenbahnfahrzeugen sowie von technischen Nutzungsbeschränkungen und betrieblichen Nutzungseinschränkungen vor.
Das Problem
Der Datenaustausch in der Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen ist bislang häufig ineffizient und inkonsistent. Bis zu sechs verschiedene Dokumentationssysteme, zahlreiche Schnittstellen und Sprachbarrieren erschweren die Zusammenarbeit zwischen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) und Entity in Charge of Maintenance (ECMs). Unterschiedliche Bezeichnungen für die gleichen Störungen – beispielsweise „Störung Bremse“ in vier verschiedenen Sprachen – führen zu Missverständnissen und verzögern
Der gewählte Lösungsansatz
Dr. Marquardt präsentierte eine Lösung, die auf der Entwicklung einheitlicher Codierungen für:
1. Schäden an Lokomotiven und anderen Eisenbahnfahrzeugen,
2. Nutzungsbeschränkungen und
3. Nutzungseinschränkungen basiert.
Er schlug zudem vor, demnächst ein zentrales Datenaustauschsystem mit standardisierten Datenformaten und Schnittstellen einzurichten. Dieses System würde es allen Beteiligten ermöglichen, Daten konsistent, zeitgleich und über Sprachgrenzen hinweg zu teilen. Eine einheitliche Plattform und Codierung soll sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit erhöhen.
Ergebnisse
Die Arbeit der letzten Jahre hat konkrete Fortschritte hervorgebracht:
– Einheitliche Codierungen für Schäden und Nutzungsbeschränkungen wurden entwickelt. – hier die Siegburger Codierung in Excel-Format herunterladen
– Vergleichbare Softwarelösungen stehen bereit.
– Der Nutzen für den Sektor wurde aufgezeigt, beispielsweise durch automatisierte Zuordnungen von Nutzungseinschränkungen und Schadensanalysen.
Ein zentraler Vorteil der einheitlichen Kodierung ist die Eindeutigkeit über verschiedene Sprachregionen hinweg. Der angedachte zusätzliche Datenbroker ermöglicht es, dass alle Akteure, von Werkern bis hin zu EVUs, stets auf dem neuesten Stand über den Zustand eines Fahrzeugs sind.
Nächste Schritte
Dr. Axel Marquardt skizzierte den Plan für die Zukunft:
1. Gefährdungsbeurteilungen: Vertreter von ECMs und EVUs sollen Sicherheitsbewertungen für die neuen Kodierungen durchführen.
2. Finalisierung: Die Datenformate und Kodierungen müssen abgeschlossen werden.
3. Zentralisierung: Aufbau und Programmierung einer Datenplattform ähnlich bestehender Systeme wie dem GCU-Broker für Güterwagen.
4. Organisation: Ein Fachbeirat wird gegründet, um Kodierungen aktuell zu halten und an neue Anforderungen anzupassen.
5. Finanzierung: Es wird ein tragfähiges Modell zur langfristigen Finanzierung des Systems entwickelt. Denkbar ist die Gewinnung des neu gegründeten Raildex e.V. als Trägerverein.
6. Anwendergewinnung: Weitere Lokvermieter und EVUs sollen für die Nutzung der neuen Kodierungen gewonnen werden.
Perspektive
Der Fachbeirat wird eine entscheidende Rolle spielen, um das System flexibel zu halten und an neue Komponenten oder Sicherheitsvorschriften anzupassen. Sollte bis zum 1. April 2025 kein tragfähiges Geschäftsmodell gefunden werden, könnte das Projekt allerdings eingestellt werden. Dennoch zeigt sich Dr. Marquardt zuversichtlich, dass die Einheitlichkeit der Kodierungen den gesamten Sektor nachhaltig verbessern wird.
Der Vortrag von Dr. Marquardt hat gezeigt, dass eine standardisierte Kodierung nicht nur die Effizienz, sondern auch die Sicherheit in der Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen erheblich steigern kann. Nun liegt es an den beteiligten Akteuren, die nächsten Schritte entschlossen umzusetzen und dieses vielversprechende Projekt zum Erfolg zu führen.